25. März 2021
7. SGG-Freiwilligentagung: Wenn Gemeinden, Vereine und Firmen gemeinsam wirken
An der Tagung, die wegen der Covid-Pandemie via Zoom online stattfinden musste, berichteten Akteure aus allen drei Sektoren (Staat, Wirtschaft und Zivilgesellschaft) von ihren konkreten Erfahrungen in der Sektoren-verbindenden Zusammenarbeit. Die Teilnehmenden erhielten einen ersten Einblick in das Pilotprojekt «engagement-lokal», das von der SGG und 14 weiteren Organisationen getragen wird. Zehn ausgewählte Orte und Regionen der Schweiz werden während drei Jahren beim Erarbeiten einer Strategie zur trisektoralen Förderung der lokalen Freiwilligenarbeit unterstützt. Staatliche, wirtschaftliche und zivilgesellschaftliche Akteure kooperieren an den zehn Orten auf Augenhöhe, nehmen gemeinsam Verantwortung wahr und bringen ihre je eigenen Stärken und Einzigartigkeiten in die gemeinsame Förderung der lokalen Freiwilligenarbeit ein.
Lukas Niederberger, Geschäftsleiter der SGG und Initiant von «engagement-lokal», zeigte zum Einstieg in die Tagung mittels einer Befragung ein Stimmungsbild zur Sektoren-übergreifenden Zusammenarbeit in der Schweiz auf.
Die Befragung bei 360 Fachpersonen ergab folgende Resultate:
- 80% sind überzeugt, dass zivilgesellschaftliche Akteure (Vereine, NGOs, Hilfswerke) durch trisektorale Kooperation mehr ideelle, finanzielle oder strukturelle Unterstützung erhalten.
- 77% meinen, dass staatliche Akteure (Gemeinden, Städte und Regionen) durch trisektorale Kooperation die Verbundenheit zur Zivilgesellschaft stärken.
- 74% sind der Ansicht, dass trisektorale Kooperation die Beteiligung von Bürger*innen in Aufgaben der Gemeinde stärkt.
- 71% finden, dass wirtschaftliche Akteure (lokale KMU, Berufsverbände) durch trisektorale Kooperation das Image des Unternehmens verbessern.
- 69% sind überzeugt, dass die trisektorale Förderung lokaler Freiwilligenarbeit den gesellschaftlichen Zusammenhalt stärkt.
- 68% sind der Meinung, dass es zur Förderung der trisektoralen Kooperation eine grundsätzlich neue Haltung und Kultur der Akteure braucht.
- 66% glauben, dass zivilgesellschaftliche Akteure durch trisektorale Kooperation mehr Anerkennung für ihr Engagement erhalten.
- 63% sind überzeugt, dass wirtschaftliche Akteure eine grössere Nähe zur Zivilgesellschaft erhalten.
- 63% glauben, dass zivilgesellschaftliche Akteure durch trisektorale Kooperation mehr Menschen erreichen, um Freiwillige zu gewinnen.
- 61% sind der Ansicht, dass es in der trisektoralen Kooperation neue Arbeitsprozesse braucht, weil staatliche, wirtschaftliche und zivilgesellschaftliche Akteur*innen mit unterschiedlichen Handlungslogiken und Entscheidungsprozessen agieren.
- 59% sind der Meinung, dass Freiwilligenarbeit durch trisektorale Förderung mehr Wertschätzung erfährt.
- 52% glauben, dass man auch andere gesellschaftliche Herausforderungen durch trisektorale Kooperation angehen kann.
Ruedi Schneider, Projektleiter von «engagement-lokal», stellte anschliessend die Hintergründe und Ziele des Projekts vor. Mit einem kurzen Zwischenbericht zeigte Anke Kaschlik (ZHAW) ergänzend den aktuellen Stand der wissenschaftlichen und fachlichen Begleitung des Projekts auf. Kaschlik nannte auf Grund einer schweizweiten Befragung die grössten Herausforderungen für Freiwilligenarbeit:
- Bereitschaft zum (langfristigen) Engagement
- Individualisierung des Freizeitverhaltens
- Verlust lokaler Beziehungsstrukturen
- Fehlende Zeit
- Matching von Freiwilligen und Organisationen
- Begleitung, Betreuung und Wertschätzung der Freiwilligen
- Fehlende Wertschätzung von unbezahlter Arbeit in der ökonomisch geprägten Gesellschaft
- Gewinnung und Einbindung von wenig integrierten Personen und Gruppen
Isabelle Denzler, Gemeinderätin aus Eschlikon TG, und Jean-Luc Kühnis, Vorstandsmitglied von freiwillig@kloten, stellten Ihre Perspektiven und Erfahrungen aus staatlicher und zivilgesellschaftlicher Sicht vor und konnten mit konkreten Beispielen aufzeigen, wie die Sektoren-verbindende Förderung lokaler Freiwilligenarbeit erfolgreich umgesetzt wird. Die Sozialunternehmerin Lynn Blattmann rief die staatlichen und zivilgesellschaftlichen Akteure dazu auf, offen für eine Zusammenarbeit mit der Wirtschaft zu sein. Kurze Video-Grussbotschaften aus Sion, Mendrisio und aus dem Oberengadin gaben den Teilnehmenden im Verlauf der Tagung weitere kurze Einblicke in die Arbeit der beteiligten Orte und Regionen von «engagement-lokal». In drei Break-Out-Sessions erhielten die Teilnehmenden zudem die Möglichkeit, sich über die Referate auszutauschen und sich zu vernetzen.
In einem von der Tagungsmoderatorin Maria-Victoria Haas geleiteten Podiumsgespräch diskutierten abschliessend Anke Kaschlik (ZHAW), Lynn Blattmann (Lynno GmbH), Lisa Mazzone (Ständeratin des Kantons Genf), Christine Spanninger (Engagierte Stadt) und Ruedi Schneider (engagement-lokal) über die aktuell herausfordernde Situation für die Förderung der Freiwilligenarbeit infolge Covid. Auch wurde Erfahrungen aus dem Netzwerkprogramm «Engagierte Stadt» aus Deutschland präsentiert und rege diskutiert. Die Teilnehmenden waren sich einig, dass die intersektorale Zusammenarbeit nicht nur im Bereich der Freiwilligenarbeit viel bewirkt, sondern generell ein idealer Ansatz wäre zur Lösung gesellschaftlicher Herausforderungen.