17. April 2023

#SGGfördert: Die erste Behindertensession der Schweiz

Titelbild: Pro Infirmis

An der Session nahmen 44 Menschen aus der ganzen Schweiz teil. Diese 44 Sitze im Nationalratssaal mit seinen 200 Plätzen entsprechen gemäss Statistik dem Anteil der Menschen mit einer Behinderung in der Schweiz (circa 22 Prozent der Bevölkerung).  

Die 44 Mitglieder der Behindertensession wurden in einer Online-Wahl von 20’000 Personen auserkoren. Durch eine breite Vertretung verschiedener Personengruppen machten die Teilnehmer*innen deutlich, dass es unterschiedliche Menschen mit Behinderung gibt, die kompetent und motiviert sind, ein politisches Amt auszuführen. «Pro Infirmis» hat dieses besondere Treffen im Parlament organisiert. Die SGG, die sich für die Inklusion von Menschen mit Behinderungen einsetzt, hat die Session finanziell unterstützt. 

Warum heisst es «Behindertensession»? 

Der Begriff «Behindertensession» wurde bewusst gewählt um die sprachliche und gesetzliche Realität abzubilden. Schliesslich heisst das Schweizerische Gesetz «Behindertengleichstellungsgesetz» und die UN-Konvention «Behindertenrechtskonvention». Der Titel soll aufhorchen lassen und darauf aufmerksam machen, dass Menschen mit einer Behinderung durch gesellschaftliche Normen an der politischen Teilhabe gehindert werden. Zudem soll das Thema «Behinderung» sichtbar gemacht und dadurch enttabuisiert werden. Wichtig ist, dass bestehende Behinderungen anerkannt und Menschen mit Behinderung als wertvolle Mitglieder der Gesellschaft betrachtet werden. Dies geschieht nur, wenn die Themen auch beim Namen genannt werden.  

Forderung nach vollständiger politischer Teilhabe von Menschen mit Behinderung 

Die Teilhabe am politischen Leben ist für Menschen mit Behinderung mit zahlreichen Hindernissen verbunden. So sind beispielsweise Wahl- und Abstimmungsunterlagen nicht vollumfänglich barrierefrei zugänglich. Menschen mit einer Sehbehinderung können somit nicht autonom wählen und abstimmen. Wahlunterlagen werden nicht in leichter Sprache zur Verfügung gestellt. Erklärvideos in Gebärdensprache oder ergänzter Lautsprache sucht man oft vergeblich. Viele öffentliche Gebäude sind weiterhin nicht hindernisfrei zugänglich und fehlende Assistenzleistungen erschweren die politische Teilhabe von Menschen mit Behinderung zusätzlich. Dadurch werden sie in der Ausübung ihrer politischen Rechte eingeschränkt.  

Acht zentrale Forderungen 

Aus diesen Gründen fordert die Behindertensession 2023 Politik, Behörden und Zivilgesellschaft auf, die Partizipation und Repräsentation von Menschen mit Behinderung auf allen Ebenen zu stärken und bestehende Hindernisse zu beseitigen. Die Teilnehmenden haben die Resolution «Vollständige politische Teilhabe jetzt!» verabschiedet und fordern: 

 

  1. Die autonome und ungehinderte Ausübung des Wahl- und Stimmrechts 
  2. Die selbstbestimmte und gleichberechtigte Teilhabe am politischen Leben 
  3. Die direkte Repräsentation von Menschen mit Behinderung auf allen politischen Ebenen – vom Gemeinderat bis in den Bundesrat 
  4. Das Recht, bei allen politischen Entscheiden angehört zu werden und mitsprechen zu können 
  5. Die Aufforderung an Menschen mit Behinderung aktiv zu werden, sich zu vernetzen und auf allen politischen Ebenen aktiv zu werden 
  6. Die Aufforderung an Organisationen von und für Menschen mit Behinderung, ihre Verantwortung wahrzunehmen und sich zu verpflichten, strategische und operative Gremien mit Menschen mit Behinderung zu besetzen 
  7. Menschen mit Behinderung sollen nicht an bestimmten Fähigkeiten gemessen oder auf ihre Behinderung reduziert werden 
  8. Die erste Behindertensession soll nicht die letzte sein

 

Die Behindertensession hat den Anliegen von Menschen mit Behinderung Gehör verschafft. Ein erster, wichtiger Schritt, um die Teilhabe aller Menschen am politischen Leben zu ermöglichen. Weitere Schritte werden hoffentlich in der Zukunft folgen. 

 

Mehr zum Thema Behindertensession 

Das Video zur Behindertensession 2023 

Informationen zur Projektförderung der SGG 

 

Behindertensession DSC08277 Kommission

(Foto: Pro Infirmis)