17. Dezember 2024
Zwischen Konflikt und Kompromiss
Die Studienautor:innen wollen genauer verstehen, bei welchen politischen Fragen die Schweizerinnen und Schweizer auseinanderdriften, wo das politische Klima als verhärtet wahrgenommen wird und wo die Kompromissbereitschaft höher ist als oft angenommen.
Die Polarisierung in der Schweiz beschäftigt die Bevölkerung: 70% der Befragten empfinden, dass der gesellschaftliche Zusammenhalt in den letzten Jahren abgenommen hat. Die Meinungen und Emotionen von Schweizerinnen und Schweizern sind besonders stark polarisiert, wenn es um die Zuwanderung, die Unterstützung der Ukraine und Pandemiemassnahmen geht. Mehr als die Hälfte der Stimmbevölkerung wünscht sich eine Beschränkung der Zuwanderung. Auch die emotionale Polarisierung (wissenschaftlicher Begriff «affektive Polarisierung») ist in dieser Frage besonders ausgeprägt: Ein grosser Anteil der Schweizerinnen und Schweizer begegnet Personen, die sich für eine Erleichterung der Zuwanderung aussprechen, mit äusserst starken Antipathien. Mehr als 50% der Stimmbevölkerung sind der Meinung, dass Einschränkungen der individuellen Freiheit zur Bekämpfung von Pandemien notwendig sind. 25% lehnen solche Einschränkungen ab.
Affektiv am wenigsten stark polarisiert ist die Bevölkerung mit Blick auf die Ausgestaltung des Sozialstaats, die Gleichstellung von Frauen und den Schutz sexueller Minderheiten. Bemerkenswert ist im Gegenzug, dass die Bevölkerung der Ausgestaltung sozialstaatlicher Leistungen und der Gleichstellung von Frauen eine äusserst hohe Bedeutung beimisst. Deutlich mehr Menschen wünschen sich eher einen Ausbau als einen Abbau der sozialstaatlichen Leistungen – auch zum Preis von höheren Steuern. Dass die soziale Frage stark umtreibt, zeigt zudem das Resultat, dass eine Mehrheit der Befragten findet, die Schweiz drifte besonders stark zwischen Arm und Reich auseinander.
Wähler:innen der SVP und SP sind im Schnitt eher affektiv, d. h. emotional, polarisiert und zeigen die ausgeprägtesten Antipathien gegenüber Personen, welche in bestimmten Sachfragen eine starke Gegenposition einnehmen. Ebenso sind ältere Generationen und politisch aktive Menschen eher stark affektiv polarisiert. Im Gegenzug sind Personen, die sich ehrenamtlich engagieren und ein hohes Vertrauen in Regierung und Medien haben, eher weniger stark affektiv polarisiert.
SVP-Wähler:innen schätzen sich im Vergleich zu anderen Parteiwähler:innen bei allen sachpolitischen Fragen als am wenigsten kompromissbereit ein. Über alle Altersklassen hinweg geben jüngere Menschen in allen Sachfragen die höchsten Werte für ihre eigene Kompromissbereitschaft an.
Alle Resultate finden sich auf der Studienwebsite.