2. Mai 2016
Was Sie schon immer wissen wollten …
Zwei Dutzend Autorinnen und Autoren aus Deutschland und Österreich thematisieren zahlreiche Forschungsbereiche, die in den kommenden Jahren die Agenda der Zivilgesellschaftsforschung bestimmen werden. Zentrale Themen sind die wandelnden Verantwortlichkeiten zwischen Zivilgesellschaft, Wirtschaft, Staat und Privatbereich sowie die Auswirkungen auf NPOs und Fragen des Managements. Die Zivilgesellschaft wird als dynamisches, offenes und pluralistisches Arrangement unterschiedlicher Akteure betrachtet, die teilweise miteinander konkurrieren.
Zwei Dutzend Autorinnen und Autoren aus Deutschland und Österreich thematisieren zahlreiche Forschungsbereiche, die in den kommenden Jahren die Agenda der Zivilgesellschaftsforschung bestimmen werden. Zentrale Themen sind die wandelnden Verantwortlichkeiten zwischen Zivilgesellschaft, Wirtschaft, Staat und Privatbereich sowie die Auswirkungen auf NPOs und Fragen des Managements. Die Zivilgesellschaft wird als dynamisches, offenes und pluralistisches Arrangement unterschiedlicher Akteure betrachtet, die teilweise miteinander konkurrieren. Die Autoren warnen davor, dass in NPOs zunehmend ein Philanthrokapitalismus mit einer reinen Marktlogik das soziale Engagement bestimmt. Damit rücken sie immer näher zur Social Entrepreneurship, was den NPOs längerfristig ihre Legitimation entziehen könnte. Die wachsende Investorenlogik bei Förderstiftungen und bei der öffentlichen Hand führt dazu, dass von NGOs und NPOs immer öfter eine Analyse von Effektivität und Effizienz der unterstützten Projekte verlangt wird. Die Messung des sogenannten «Social Impact» oder «Social Return on Investment» wird kritisch hinterfragt, weil eine Kluft zwischen Praxis und Evaluation besteht und darum die Indikatoren für die Wirksamkeitsmessung von sozialen Projekten oft an der Realität vorbei zielen. Die Indikatoren werden weder in der Praxis noch in der Wissenschaft einheitlich gebraucht. Sollen nur quantifizierbare hard factors oder auch soft factors gemessen werden? Ist die kurz-, mittel- oder langfristige Wirkung wichtig? Ist die Wirkung auf Einzelne, Organisationen oder auf die Gesamtgesellschaft relevant? Gerade im NPO-Sektor existiert kein allgemeingültiges Kriterium für die Erfolgsmessung wie beispielsweise der Gewinn bei Wirtschaftsunternehmen. Auch wären für echte Wirkungsanalysen an sich Vergleichsgruppen oder Alternativszenarien notwendig. Das Buch bietet eine Fundgrube von interessanten Fragestellungen und möglichen Forschungsthemen im Bereich der Zivilgesellschaft. Dieser Sammelband wird darum auch noch in einigen Jahren aktuell sein.
Annette E. Zimmer, Ruth Simsa (Hg.)
Forschung zu Zivilgesellschaft, NPOs und Engagement.
Quo vadis?
Verlag Springer VS, 2014
ISBN 978-3-658-06176-0[nbsp]
Serge Embacher, Susanne Lang (Hg.)
Recht auf Engagement. Plädoyers für die Bürgergesellschaft
Verlag Dietz, 2015
ISBN 978-3-8012-0450-1
Der Buchtitel ist bewusst und als klare Forderung gewählt worden. Die Herausgeber und Autoren drücken damit aus, dass zivilgesellschaftliches Engagement keine moralische Bürgerpflicht und nicht nur altruistisches Helfen braver Bürgerinnen und Bürger zur Entlastung des Staatsapparats bedeutet, sondern eine gesellschaftliche Macht darstellt mit dem Anspruch, vom Staat als Partnerin auf Augenhöhe ernst und wahrgenommen zu werden. Die Autorinnen und Autoren fordern in ihren Artikeln, dass sich der Staat und seine Akteure konsequent öffnen für mehr Demokratie, Transparenz und Bürgerbeteiligung. Die Artikel zeigen neue Perspektiven für eine künftige Politik der Bürgergesellschaft auf, in der politische Partizipation und Demokratieförderung mehr Raum einnehmen. Die Autoren appellieren an die freiwillig Engagierten, dass sie sich nicht zum billigen Jakob eines schlank gesparten Staates machen lassen, sondern dass sie sich kritisch und mit einem klaren Selbstverständnis in die politischen Debatten einbringen. Letztlich plädiert das Buch für ein neues Verhältnis von Staat und Gesellschaft, das nicht in Kategorien staatlicher Planung und Steuerung von gesellschaftlichen Prozessen definiert wird, sondern im Sinne einer neuen, kooperativen und partnerschaftlichen Verantwortungsteilung. Das Buch wirft darum auch einen kritischen Blick auf die Wirtschaft, die ihre Verantwortung in der Gesellschaft erst halbherzig und mit toll klingenden Begriffen wie Corporate Social Responsibility, Corporate Citizenship, Corporate and Employee Community Involvement wahrnimmt. Und schliesslich werden der kritische Blick und der warnende Zeigefinger auch auf die Zivilgesellschaft und deren Organisationen gerichtet. Die Autoren weisen auf die Gefahr der zunehmenden Monetarisierung der Freiwilligenarbeit hin, welche durch finanzielle Vergütungen immer stärker zur prekär entlohnten Erwerbsarbeit mutiert. Das Buch ist keine leicht bekömmliche Schonkost, aber gerade darum ein notwendiges Menu für den Gemeinnützigkeitssektor, der sein entpolitisiertes Engagement vorwiegend für eine moralische Pflicht hält und weniger als sein bürgerliches Recht wahrnimmt.