24. Januar 2023
Lang lebe die Unabhängigkeit. Dank und Wünsche des ehemaligen SGG-Geschäftsleiters Lukas Niederberger
Freude über das Erreichte
Ehe ich im Juni 2013 die Nachfolge von Herbert Ammann als SGG-Geschäftsleiter antreten durfte, wurde ich im Herbst 2012 vom Vorstand und der Zentralkommission unter 260 Kandidat:innen ausgewählt. Dass und wie ich neun Jahre später entlassen und freigestellt wurde, bedaure ich. Dass mehr als zehn weitere Geschäftsleiter:innen in anderen Schweizer NGO/NPO in den letzten Monaten und Jahren Ähnliches erlebt haben, beschäftigt mich aber stärker als mein individuelles Schicksal.
Wenn ich durch die SGG-Geschäftsberichte der Jahre 2013-2021 blättere, spüre ich grosse Freude. Im Bericht 2013 lachen mir vier Mitarbeitende entgegen, von denen ich vom ersten bis zum letzten Arbeitstag viel lernen durfte. Im Bericht 2014 wird der landesweite Künstlerwettbewerb für eine neue Nationalhymne präsentiert. Dieses Projekt bescherte mir zwar Shitstorms und eine Morddrohung, aber es ist ein Privileg, sich so intensiv mit einem nationalen Identitätsmerkmal beschäftigen zu dürfen. Im Bericht 2016 werden der dritte Freiwilligen-Monitor und der Ratgeber über Sozialhilfe präsentiert. Die Begleitung der beiden Publikationen hat mich für zivilgesellschaftliches Engagement und Armut in der reichen Schweiz zusätzlich sensibilisiert. Im Bericht 2017 bringt mich die 1.August-Rede von Bundeskanzler Walter Thurnherr auf dem Rütli auch nach Jahren erneut zum Schmunzeln. Im Bericht 2018 erhält der Themenschwerpunkt «Gesellschaftlicher Zusammenhalt» erstmals eine eigene Rubrik. Und Fotos zeugen von der feierlichen Eröffnung des «Musée Grütli» durch den damaligen und jetzigen Bundespräsidenten Berset. Der Bericht 2019 präsentiert das neue Sektor-verbindende Projekt «engagement-lokal», für das sich fast 50 Gemeinden und Städte der Schweiz bewarben. Besonders freut mich auch der Bericht über die Erweiterung von Job Caddie mit Zweigstellen in Zug, Bern und Schwyz. Der Geschäftsbericht 2020 schildert, wie flexibel die SGG-Projekte auf die staatlichen Corona-Bestimmungen reagierten. Der vierte Freiwilligen-Monitor wurde in einer Online-Tagung präsentiert. Schliesslich informiert der Bericht 2021 über das jüngste SGG-Baby: den Think + Do Tank «Pro Futuris». Die neun Geschäftsberichte zeigen neben der Kreation neuer Projekte auch das Wachstum des Vermögens von 84 auf 108 Millionen Franken auf. Die komfortable finanzielle Lage der SGG war für mich Gabe und Aufgabe zugleich. Besonders denke ich an die vielen hundert armutsbetroffenen Personen und Familien und an die sozialen Projekte, die die SGG mit dem Geld in dieser Zeit unterstützen konnte.
Dank für das Erlebte
Nach neun Jahren darf und will ich vielen Menschen aus tiefem Herzen Danke sagen. Zuerst danke ich dem SGG-Team, das sich mit Herzblut und Kompetenz engagiert. Ein grosser Dank gilt dem ehemaligen Präsidenten Jean-Daniel Gerber, der mich mit grossem Vertrauen wirken liess. Für ihr grosses Engagement danke ich auch dem aktuellen Präsidenten Nicola Forster, den ehemaligen und aktuellen Vorstands-Mitgliedern, den Mitgliedern der aufgelösten Zentralkommission, den Mitgliedern der Kommission Forschung Freiwilligkeit (KFF), den Partnerorganisationen vom Freiwilligen-Monitor und von «engagement-lokal», allen SGG-Mitgliedern und den Vertreter:innen der kantonalen Gemeinnützigen Gesellschaften, von der SGUP am Lac Léman bis zur GGKSG am Schwäbischen Meer.
Viele Personen und Teams haben mich und das SGG-Team mit ihrem Fachwissen unterstützt: Tobias Honold und sein Buchhaltungs-Team von Treuvision, die SGG-Archivare Stephan Holländer und Martin Gabathuler, die IT-Supporter Alexander von Wiedekind und Andreas Oettli, die Webmaster von Localmedia, mein Coach Christian Bartsch sowie die Vermögensverwalter der SGG-Hausbanken.
Durch die Förderung der Freiwilligenarbeit und des gesellschaftlichen Zusammenhalts durfte ich an Tagungen und Workshops vielen kompetenten und engagierten Personen von Hochschulen und Hilfswerken, Stiftungen und Vereinen sowie von Bundesämtern und Think-Tanks begegnen. Speziell danke ich den Kolleg:innen von der Beisheim, Mercator, Maecenata, Körber und Vontobel-Stiftung, von Migros Kulturprozent, vom Schweizerischen Roten Kreuz, von Benevol, Compétences Bénévoles, SOS Beobachter, Winterhilfe, Caritas, HEKS, SKOS, NEXPO und vom Stapferhaus Lenzburg.
Auch als Rütli-Verwalter lernte ich viele Menschen schätzen und bleibe ihnen dankbar verbunden: dem Rütli-Pächter Mike McCardell und seinem Team, den Redner:innen, Musiker:innen, Moderatorinnen und Technikern der Bundesfeiern, den Regierungsrät:innen und Kantonspolizisten von Uri und Schwyz, den Unspunnen-Akteur:innen, den Vertretern des Bundesamts für Bauten und Logistik, den Ausstellungs-Macherinnen im Musée Grütli, den Initianten für eine Rütli-Tell-Oper sowie den Vertretern der Rütli-Schützen.
Im Zusammenhang mit der Schaffung des neuen Nationalhymnen-Textes danke ich den 208 Wettbewerbs-Teilnehmenden, dem neuen Hymnen-Autor Werner Widmer, den Jury-Mitgliedern, den Übersetzer:innen, dem Schweizer Jugendchor, den 250 Persönlichkeiten im Unterstützungs-Komitee sowie allen Städten und Gemeinden, die jeweils am 1. August auch den vorgeschlagenen neuen Hymnentext singen.
Sehr herzlich danke ich allen, die sich seit 2014 gemeinsam mit der SGG für die Plattform «Zivilgesellschaft in Asyl-Bundeszentren» (ZiAB) engagieren, ob als Mitglied in der Steuergruppe, als Förderpartner:in, als Vertreter:in einer Asyl-Organisation, als SEM-Vertreter:in oder als Freiwillige in und um die Bundes-Asylzentren.
Wünsche für das Kommende
An die SGG richte ich gerne drei Wünsche.
- Erstens wünsche ich der SGG, dass sie ihre Unabhängigkeit weitere 210 Jahre erhalten darf und aktiv pflegen wird. Die politische, religiöse und wirtschaftliche Unabhängigkeit ermöglicht der SGG ihre einzigartige Rolle als glaubwürdige Brückenbauerin zwischen staatlichen, wirtschaftlichen, zivilgesellschaftlichen und privaten Akteur:innen. In dieser Rolle kann die SGG wesentlich zur Sektor-verbindenden Lösung von gesellschaftlichen Herausforderungen beitragen.
- Zweitens wünsche ich meinem Nachfolger Peter Haerle viel Freude in seinem Wirken, eine spannende Zusammenarbeit mit dem Team und mit externen Partner:innen sowie Unterstützung durch den Vorstand.
- Und drittens wünsche ich der SGG, dass sie die Werte, die in der Präambel der Schweizer Bundesverfassung formuliert sind, weiterhin überzeugt und überzeugend leben und fördern wird. Ich bin froh, dass diese Werte den Kern im vorgeschlagenen neuen Nationalhymnentext bilden: «Freiheit, Unabhängigkeit, Frieden. Offen für die Welt, in der wir leben, lasst uns nach Gerechtigkeit streben! Frei, wer seine Freiheit nützt, stark ein Volk, das Schwache stützt…»
Seit dem 1. Februar 2023 wirkt Lukas Niederberger als Geschäftsführer der Hamasil Stiftung in Zürich. Diese fördert die nachhaltige und integrale Entwicklung von Gesellschaft, Wirtschaft und Umwelt. Die Stiftung trägt und betreibt den Kulturpark Zürich.