13. Oktober 2025

Mentorinnen und Mentoren im Gespräch: «Alles ist möglich, aber nicht über Nacht»

Als Qëndrim Elmazi 2008 in die Schweiz kam, sprach er gerade einmal zehn Wörter Deutsch. Er war 17, hatte in Kosovo das Gymnasium abgeschlossen, aber wie es in der Schweiz weitergehen sollte, war unklar. «Ich wusste nicht, was ich machen sollte – Uni, Fachhochschule, Berufslehre?», erinnert er sich. Sprachbarriere, fehlende Berufserfahrung und ein nicht anerkannter Schulabschluss machten den Einstieg schwer.

Er absolvierte eine Integrationsschule, arbeitete parallel in einer Reinigungsfirma und besuchte mehrere Deutschkurse. Über eine Jobcoachin wurde er schliesslich auf Job Caddie aufmerksam, das Mentoringprogramm der SGG – ein Wendepunkt.

Job Caddie vermittelte ihm einen Mentor. Vier Jahre lang begleitete dieser Elmazi durch alle Etappen des Berufseinstiegs. Gemeinsam klärten sie Fragen zur Studienwahl, analysierten mögliche Wege und setzten sich realistische Ziele. «Ich wollte in der Schweiz Fuss fassen – beruflich wie sprachlich. Mein Ziel war klar: ein Beruf im Finanzwesen.»

Mit Unterstützung seines Mentors erreichte Qëndrim Elmazi das Goethe-Zertifikat auf C1-Niveau, absolvierte Sprach- und Vorbereitungskurse, bewarb sich für Praktika. Im Jahr 2011 fand er schliesslich einen Platz bei der Yousty AG, ein Berufsbildungsportal für Berufswahl und Lehrstellen. Nach dem Praktikum folgte die Festanstellung. Berufsbegleitend absolvierte er zunächst die Weiterbildung zum eidgenössischen Finanzfachmann, später ein MAS in Business Intelligence and Analytics.

Sein eigener Mentor gab ihm Selbstvertrauen

Heute ist er Chief Financial Officer der Yousty AG. Dort sitzt er jetzt in einem Sitzungszimmer in der Zürcher Innenstadt, Holztisch, grosse Glasfenster, und erzählt: «Mein Mentor hat mir damals nicht nur Wissen vermittelt, sondern auch Selbstvertrauen gegeben.» Diese Erfahrung prägt seine eigene Haltung als Mentor bis heute.

Serie: Mentorinnen und Mentoren im Gespräch

Dieser Text ist der zweite Teil einer kleinen Serie, in der wir einige der 100 freiwilligen Mentorinnen und Mentoren vorstellen, die sich beim SGG-Programm Job Caddie mit viel Zeit, Herz und Erfahrung für junge Menschen einsetzen. Sie begleiten, hinterfragen, hören zu – und machen oft den entscheidenden Unterschied. Mehr erfahren oder selbst mitwirken? Hier geht es zur Website von Job Caddie.

Für Qëndrim Elmazi steht am Anfang eines Mentorings immer die sorgfältige Analyse: «Ich will die Person verstehen, das Ziel kennen und die Herausforderungen klar benennen.» Ist der Beruf der richtige? Die Firma passend? Liegt es an den Bezugspersonen, an der Unternehmenskultur oder an einem Missverständnis, dass es harzt? «Nur wenn man das Problem genau kennt, kann man wirksam helfen.»

Er arbeitet strukturiert, definiert klare Aufgaben bis zum nächsten Treffen, erwartet Verlässlichkeit, aber auch Engagement: «Ich investiere viel in meine Mentees. Aber ich erwarte auch, dass die Mentees mitziehen. Es ist eine gemeinsame Arbeit.»

Viele Jugendliche, die Qëndrim Elmazi begleitet, sind verunsichert, haben Misserfolge erlebt oder kämpfen mit Vorurteilen. «Ich versuche, ihnen Mut zu machen. Und ich zeige ihnen mit meiner eigenen Geschichte: Alles ist möglich, aber es braucht Zeit und Geduld. Es geht nicht über Nacht.» Besonders wichtig ist ihm, die Jugendlichen nicht zu drängen, sondern realistische Schritte zu ermöglichen: «Manchmal braucht es zuerst eine Stabilisierung, bevor es weitergeht.»

Jugendlichen mit Sprachbarrieren eine Chance geben

Neben konkreter Hilfe bei Bewerbungen, Vorstellungsgesprächen oder Berufswahl geht es Qëndrim Elmazi oft auch darum, die Stärken der Jugendlichen sichtbar zu machen. Für sie selbst, aber auch für mögliche Arbeitgeber. «Viele haben grosses Potenzial. Aber das Vertrauen in sich selbst fehlt – oder die Chance, sich zu zeigen.»

Dabei sieht er in der Wirtschaft auch strukturellen Verbesserungsbedarf. Firmen müssten Lernende ernster nehmen, ihre Bedürfnisse besser verstehen. «Gerade Jugendliche mit Sprachbarrieren müssen viel mehr kämpfen. Ich wünsche mir, dass Firmen auch ihnen eine Chance geben: ein Gespräch, einen Schnuppertag, eine Gelegenheit zu zeigen, was sie können.»

Solche Chancen hat er selbst erhalten. Sie weiterzugeben, ist für ihn eine Selbstverständlichkeit.

In aller Kürze: Drei Fragen an Qëndrim Elmazi

So war ich mit 16:
«Jung, motiviert und ehrgeizig.»

So bin ich als Mentor:
«Hilfsbereit, empathisch und motivierend.»

Das bedeutet Job Caddie für mich:
«Eine Herzensangelegenheit.»